Der ESF zwischen Jubiläum, Corona und der Zukunft – Nachlese zur ESF Jahrestagung 2020
2020 war ein besonderes Jahr. Neben dem alles überschattenden Thema „Corona“ standen auch das 25-jährige Jubiläum der EU-Mitgliedschaft und die Vorbereitungen auf die kommende Förderperiode im Fokus der Europäischen Sozialfonds. Die ESF Jahrestagung am 10. Dezember 2020 hat über die heurigen Erfahrungen reflektiert und über Chancen und Ideen für das neue Jahr gesprochen.
Die ESF Jahrestagung ist seit vielen Jahren ein Fixpunkt im Kalender der ESF Community und durfte daher auch in diesem so anderen Jahr 2020 nicht fehlen. Auf Grund der bekannten Covid-19 Einschränkungen fand die Veranstaltung heuer erstmalig als hybrides Event statt, moderiert von Frau Susanne Delle Karth. Über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen die Möglichkeit wahr ob über ein zoom-Webinar oder per Livestream dabei zu sein und die ESF Jahrestagung aus der wunderschönen Bibliothek des Billrothhauses zu verfolgen. Eine kurze virtuelle Umfrage im Publikum hat gezeigt, dass rund die Hälfte heuer sogar erstmalig teilgenommen hat.
Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Christine Aschbacher ließ es sich nicht nehmen das Publikum mit einer Videobotschaft zu begrüßen und dem ESF zum 25. Geburtstag in Österreich sowie den innovativen Impulsen der ESF-Projekte zu gratulieren. Roland Sauer, Leiter der Sektion Arbeitsmarkt im Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend eröffnete die Tagung und machte auf die Bedeutung der Location aufmerksam. Das Billrothhaus ist Sitz der Gesellschaft der Ärzte in Wien und bildete mit den historischen Errungenschaften in der wissenschaftlichen Medizin des Gründers Theodor Billroth einen gelungenen Rahmen.
Passend zum internationalen Tag der Menschenrechte, der am 10. Dezember begangen wird, sowie zur allgegenwärtigen Diskussion zur Rolle der Europäischen Union in der Corona-Pandemie, gab Nana Walzer einen stimmungsvollen Impulsvortrag „Das Herz Europas: Von der Friedensunion zur sozialen Gemeinschaft“. Die Europäischen Kernwerte Freiheit, Gleichheit und Mitmenschlichkeit, gehören demnach zu den Grundpfeilern Europas und werden in unterschiedlichen Initiativen bereits gelebt. Im Angesicht unterschiedlicher Krisen (Stichwort Corona, Klima und andere) bedürfe es jedoch weiterer solidarischer Schritte.
Welche Möglichkeiten dafür es bereits im ESF gibt, zeigten zwei ESF-finanzierte Projekte. Stephan Schimanowa, Geschäftsführender Vorstand von gabarage upcycling design, stellte in einem leidenschaftliche Vortrag die sozialintegrative Arbeit des Unternehmens vor. Eine zweite Chance gibt es in der Upcycling Werkstatt nicht nur für ausgediente Produkte, sondern dank Ausbildung und Qualifizierung auch für Menschen, die es am Arbeitsmarkt schwerer haben.
Auch die Basisbildung ist ein Beispiel wie Menschen, die einen begrenzten Zugang zu Arbeit haben, geholfen werden kann. Doris Wyskitensky, Nationale Koordinatorin der Europäischen Agenda für Erwachsenenbildung im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, erläuterte diese ESF-Initiative, die Menschen mit Schwächen im Bereich Lesen und Schreibe die Möglichkeit gibt dies in einem geschützten Raum nachzuholen. In diesem Rahmen ist die Publikation „schriftlos heißt nicht sprachlos“ entstanden, bei der Teilnehmende Texte über ihre Erfahrungen geschrieben haben. Dagmar Moravec, Kommunikationsbeauftragte für den ESF in Österreich, gab mit einer performativen Buchlesung einen Einblick in einige dieser emotionalen Texte.
Nach diesem turbulenten Jahr blicken alle auf das kommende Jahr 2021. Im Podiumsgespräch aller Beteiligten war man sich einig, dass die heurigen Erfahrungen auch Chancen für kreative Lösungen, digitale Entwicklungen und notwendige Impulse geboten haben.
Um angenehm im neuen Jahr begleitet zu werden, wurde der ESF Wandkalender entwickelt. Hierfür wurde die Agentur Egger & Lerch beauftragt. Das Reportagefotografie-Duo Fabian Weiss und Mafalda Rakoš haben insgesamt 13 Projekte besucht und in einem Video über ihre Erfahrungen gesprochen. Die daraus entstandenen Fotos zieren nun den ESF Kalender, der innerhalb der ESF Community versendet wird. Bei Interesse kann dieser aber auch mit einem E-Mail an info@esf.at und der Vervollständigung des Satzes „Mein Europa im Jahr 2021 ist…“ gewonnen werden.
Wie die Zukunft des ESF aussehen kann, präsentierte Bibiana Klingseisen, Leiterin der ESF Verwaltungsbehörde im Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend. In ihrem kurzen Ausblick stelle sie die Eckpunkte der neuen ESF Förderperiode 2021-2027 vor, die vor allem durch eine Konzentration auf bereits bewährte Maßnahmen sowie neuen Themen allen voran dem Green Deal geprägt sind.
Eins jedoch ist sicher. Die Superkraft „Gedanken zu lesen“ wird der ESF wohl leider auch in Zukunft nicht fördern können – auch wenn die nicht ganz ernst gemeinte Umfrage in der Community dies als Wunsch identifizieren konnte.
Fotos: Adila Sahbegovic