Der Weg zu gender equality– Nachlese zur ESF Jahrestagung 2019
Die Investition in „Gleiche Chancen für Frauen und Männer am Arbeitsmarkt“ ist eine Investition in die Zukunft. Unter eben diesem Titel stand auch die Jahrestagung des Europäischen Sozialfonds (ESF) 2019, moderiert von Otto Rath. Ob Turmspringen, im Dreck wälzen oder Sprungfederflexibilität – das Programm bot zahlreiche Bilder, die die aktuelle Diskussion untermalten.
Die rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden am 5. Dezember im Reaktor im 17. Wiener Bezirk willkommen geheißen. Der Reaktor ist ein historischer Kultursaal und wurde erst kürzlich neu restauriert, wobei der alte Charme des Innenraumes beibehalten wurde. Auch die Diskussion zur Geschlechtergleichstellung ist nicht neu, aber alles andere als alt. Im ESF ist das Thema schon lange ein durchgängiges Leitprinzip für alle Projekte. Gleichzeitig finanziert der ESF über 55 Mio. € in innovative Projekte um bessere Vereinbarkeit, Karrierechancen und Gehaltstransparenz zu schaffen.
Helena Morais Maceira, Expertin am European Institute for Gender Equality, hat der Veranstaltung einen europäischen Kontext gegeben und die wichtigsten Zahlen und Fakten für die österreichische Position innerhalb Europas dargelegt. Obwohl sie eine positive Entwicklung feststellen konnte, hat Österreich weiterhin viel Verbesserungspotential.
Wie es ist als Frau in Österreich Karriere zu machen, erzählte dem Publikum Ashoka Europa-Chefin, Marie Ringler, in einem inspirierenden Vortrag. Sich am Arbeitsmarkt zu behaupten und gar eine Führungsposition einzunehmen sei für eine Frau wie ein Sprung vom 10-Meter Brett. Aufgabe der Gesellschaft sei es Frauen zu unterstützen zum Sprungturm zu gelangen.
Dieses Bild wurden dankend von den ESF-Projekten angenommen, die daraufhin konkrete Beispiele für erfolgreiche Unterstützung präsentierten. Das burgenländische BFI-Projekt „Gründen als Chance für Frauen“ greift werdenden Unternehmerinnen unter die Arme und hat mit Workshops und Begleitung bereits einige erfolgreiche weiblich-geführte Unternehmen hervorgebracht. Wie z.B. auch Petra Ott, der Gründerin einer visuellen Strukturhilfe der „Schlauen Box“ für Kinder mit Verhaltensmerkmalen. Das Projekt „Auf dem Weg“ des Mädchenzentrum Klagenfurt wiederum ist ein gutes Beispiel dafür, wie jungen Frauen dank kreativer Werkstätten gepaart mit psychotherapeutischen Beratungseinheiten, geholfen wird nicht nur neues Selbstbewusstsein zu finden, sondern auch einen Schritt in den Arbeitsmarkt zu setzen.
Ganz im Zeichen von „Women empowerement“ stand auch das künstlerische Element der ESF Jahrestagung. Die bezaubernde Sängerin Alicia Edelweiss begeisterte das Publikum mit ihrer ausdrucksvollen Musik und der Tatsache, dass dies „keine Spießerveranstaltung“ sei. Ihr Song die Ode an den Dreck war wie auch der Turmsprung ein schönes Bild für weibliches Selbstbewusstsein.
Der zweite Teil der Veranstaltung widmete sich der Diversität in Unternehmen. Frau Günther, Forscherin an der WU Wien, erläuterte das Potential von Diversität in Teams und Betrieben. Dabei lag der Fokus auf dem Arbeitsklima und dem, was einzelne Menschen mit Leitungsverantwortung tun können, um in ihrem unmittelbaren Umfeld ein einladendes Klima zu gestalten.
Daran anknüpfend gab aus von Gerhard Wagner eine männliche Sicht auf das Thema. Als Obmann der HeForShe Kampagne machte er sehr deutlich klar, dass echte Gleichstellung in unserer Arbeitswelt auch das Engagement von Männern braucht.
Wir brauchen sie [Männer] mit an Bord, nicht, weil es ohne sie gar nicht geht, sondern weil es gemeinsam schneller geht und wir nachhaltige Veränderung und echte Gleichstellung nur gemeinsam erreichen können.
Was das zum Beispiel in Unternehmen bedeuten kann, zeigten vier österreichische Betriebe. Sie alle haben an ESF-Projekten teilgenommen, die Unternehmen auf die positiven Effekte geschlechtsneutraler Betriebsstrukturen sensibilisierten. Im Rahmen des Podiumsgespräches kristallisierte sich heraus, dass Flexibilität für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber auch für Führungspositionen ein wichtiges Stichwort ist – die Sprungfeder stand hier symbolisch. Eine weitere Schlussfolgerung war die kontinuierliche Notwendigkeit der Weiterentwicklung und Offenheit.
Es waren sich wohl alle Vortragenden an diesem Tag einig, dass das Thema der Chancengleichheit auch weiterhin relevant bleibt. Für den Europäischen Sozialfonds bedeutet dies schon jetzt, dass die Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen auch in Zukunft ist ein Ziel der österreichischen ESF Investitionen sein wird.
Fotos: Adila Sahbegovic
Alle Unterlagen der Vortragenden finden Sie hier zum Download: