Alle ins Boot! Bundesministerin Christine Aschbacher im Interview im ESF insight Magazin
In die Kompetenzen der Jugend zu investieren, ist eine Investition in die Zukunft. Mag. (FH) Christine Aschbacher, Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend, spricht über aktuelle Herausforderungen und erfolgreiche Initiativen, wie Österreichs Jugendliche unterstützt werden.
ESF: Frau Ministerin, wie schätzen Sie die Lage der Jugend in Österreich ein – in welchen Bereichen ist sie dem Rest Europas voraus, wo sehen Sie Nachhol- und Handlungsbedarf?
CA: Jugendliche werden die Auswirkungen der aktuellen Krise leider noch länger spüren, sie brauchen daher unsere Unterstützung in vielerlei Hinsicht. Ein Fokus auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene muss zum Beispiel die Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit sein. Insgesamt ist die Lage der Jugend in Österreich positiv – gleichzeitig ist das kein Grund zum Ausruhen! Vielmehr gibt es eine Reihe von Aufgaben für die Politik: So ist der Nikotin- und Alkoholkonsum von Jugendlichen im internationalen Vergleich hoch. Die österreichweite Vereinheitlichung der entsprechenden Regelungen in den Jugendschutzgesetzen wurde bereits umgesetzt. Jetzt gilt es, weitere Präventionsmaßnahmen zu setzen. Bei Bildung und Beschäftigung ist Österreich im vorderen Feld gut unterwegs. Das 2016 beschlossene Ausbildungspflichtgesetz soll hier unterstützend wirken. Besonders wichtig ist es mir auch, dass informell erworbene Kompetenzen bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Anerkennung finden. Denn viele Jugendliche engagieren sich freiwillig oder eignen sich in ihrer
ESF: Wir leben in einer Welt der Veränderungen. Neben großartigen Möglichkeiten ist die Jugend durch die Digitalisierung auch ständig Gefahren ausgesetzt. Was wird zu deren Schutz unternommen?
CA: Der beste Schutz ist die Stärkung der Medienkompetenz aller Beteiligten! Wir unterstützen Eltern und andere Bezugspersonen von Kindern dabei, als Vorbild zu agieren und einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu üben. Speziell für jüngere Kinder sind hier Schutzfilter und Jugendschutzprogramme als begleitende Maßnahme sinnvoll. Gleichzeitig können diese technischen Hilfsmittel niemals den vertrauens- und respektvollen Dialog zwischen Eltern und Heranwachsenden ersetzen und schon gar nicht das Erlernen einer kritischen und eigenverantwortlichen Mediennutzung. Daher bietet das Bundesministerium für Arbeit, Jugend und Familie seit Jahren Webinare für Eltern auf der Website digi4family.at und empfiehlt spielbare Computerspiele auf www.bupp.at.
ESF: Wie beurteilen Sie die Arbeit Europas zur beruflichen Stärkung der jungen Menschen in Österreich?
CA: Die Europäische Union setzt verstärkt darauf, die Bedürfnisse und Wünsche junger Menschen gezielt anzusprechen. Man kann schon sagen, dass die europäischen Institutionen da einen gewissen Wandel durchgemacht haben. Dem liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass die vielen Phänomene der heutigen Zeit, von Brexit bis Klimawandel, es erfordern jungen Menschen zu vermitteln welche Chancen die Zukunft bringen kann. Tatsächlich bietet Europa unzählige Möglichkeiten sich zu entwickeln und zu verwirklichen. Ein gutes Beispiel sind hier die Europäischen Solidaritätskorps (ESK). Das Programm ermöglicht es Personen zwischen 18 und 30 Jahren sich außerhalb ihres Herkunftslandes in solidarischen Tätigkeiten zu engagieren und dadurch u.a. zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beizutragen und praktische Erfahrung zu sammeln. Noch bekannter ist natürlich das Erasmus+ Programm. Die hier gewonnenen Auslandserfahrungen, Sprachkenntnisse und Mobilität tragen nicht nur wesentlich zur Stärkung der Persönlichkeit bei, sondern sind auch bei uns am Arbeitsmarkt durchaus gefragte Eigenschaften.
ESF: Zu einer der wichtigsten Institutionen gehört ja der ESF. Welche ESF-Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?
CA: Der ESF Österreich spielt in Hinblick auf die Investitionen in unsere Jugend eine sehr besondere Rolle. Die Zielgruppe hier ist breit, es können Jugendliche sein mit Lernschwierigkeiten, einer Beeinträchtigung, Migrationshintergrund oder mit einem schwierigen Familienumfeld. Es macht mich stolz, dass wir mit dem ESF einen Beitrag dazu leisten können ein inklusives Bildungssystem zu schaffen. Wahrscheinlich wissen viele gar nicht, dass zB in Handelsakademien mit dem ESF Schülerinnen und Schüler begleitet werden, um Schulabbrüche zu verhindern. Oder, dass mit dem ESF Jugendcoaches an Schulen im ganzen Land Beratung anbieten, um Jugendliche in ihrer Berufs- und Bildungsorientierung zu unterstützen. Hervorheben möchte ich auch die Projekte, die sich speziell an Mädchen richten. Projekte wie das Mädchenzentrum Klagenfurt oder das VERA Tirol bieten jungen Frauen in dieser doch sehr sensiblen Lebensphase einen geschützten Raum, damit gemeinsam Optionen für die berufliche Zukunft erarbeitet werden können.
ESF: Sie sind Mutter von drei Kindern. Welche unverzichtbaren Merkmale oder Fähigkeiten wünschen Sie Ihren Kindern für ein gefestigtes und selbstbestimmtes Berufsleben?
CA: Wichtig sind die Werte, die in Familien vermittelt werden: Gleichwürdigkeit, Integrität, Authentizität und Verantwortung. Diese Werte möchte ich meinen Kindern auch für ihr späteres Berufsleben mitgeben.