„Eigentlich sind wir doch alle Heldinnen und Helden!“ – ESF+ Jahrestagung 2023
Am 30. November 2023 hat im Ankerksaal des Kulturhaus Ankerbrotfabrik die alljährliche Jahrestagung des Europäischen Sozialfonds Plus stattgefunden. Trotz Kälte und fieser Erkältungswelle durfte das Team der ESF+ Verwaltungsbehörde über 150 Gäste begrüßen. Sie alle waren eingeladen sich mit Vorträgen unter dem Motto „Held:innen und Vorbilder“ inspirieren zu lassen. Moderatorin Pamela Rath (newworktoday) begleitete das Publikum sympathisch und souverän durch das Programm.
Dank der Kooperation mit dem Erasmus+ Programm des OeaD, die heuer so erstmalig im Rahmen der Veranstaltung stattfand, profitierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Einblicken über den üblichen Tellerrand hinaus. Roland Sauer, Leiter Sektion Arbeitsmarkt im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und Ernst Gesslbauer, Direktor Erasmus+ und ESK (OeAD) bekräftigten als Gastgeber in ihren Begrüßungen die Synergien dieser Zusammenarbeit.
Mit dem gesetzten europäischen Rahmen lag auch gleich die Einstiegsfrage auf der Hand: Ist Europa eine Heldin? Adina Hoffmann-Reumüller (Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich) beantwortete diese Frage auf eindrückliche Weise mit einem großen „Ja“. Angefangen von der Friedensmission der Europäischen Union bis hin zu den unzähligen Erfolgsprojekten beweist die EU ihre heldenhafte Arbeit. Wer, wenn nicht ein gemeinsames Europa, kann sich den Herausforderungen unserer Zeit stellen, die ob Klimawandel oder sozialer Zusammenhalt, durchaus Superkräfte bedürfen.
Dagmar Moravec, Kommunikationsbeauftragte für den ESF+ Österreich, ergänzte den europäischen Rahmen mit ihrer sehr persönlichen Geschichte zu Europa als Heldin.
Nach so viel Pathos kam die provokante Frage, ob wir Superhelden überhaupt noch brauchen, gestellt von Philosophin und Autorin Lisz Hirn, gerade recht. Die Helden der Vergangenheit zeichnen sich Großteils in ihrer Männlichkeit, Stärke und Unnahbarkeit aus. Die Superhelden unserer Zeit besitzen zwar außergewöhnliche Kräfte, setzen diese aber nur zum Erhalt des bestehenden Systems ein, nicht aber mit der Ambition tatsächliche Missstände in der Gesellschaft zu bekämpfen. Dafür braucht es Vorbilder, die im Gegensatz zum Held:innen, jeden und jede dazu motivieren können ihre eigenen Stärken einzusetzen.
Jaqueline Scheiber, Influencerin und Selbstdarstellerin, ist ein solches Vorbild. Als minusgold teilt sie auf Instagram ungeschönt und intim ihr Leben mit ihren Follower; sie spricht über ihre psychische Erkrankung und ihren Körper und gibt damit vielen Menschen Mut für sich einzustehen. „Dem Elefanten im Raum einen Namen geben“ ist ihr Weg, um neue Räume der Offenheit zu schaffen.
Neue Wege der Kommunikation schafft auch das Programm „Tanz die Toleranz“ der Caritas Wien. Die Mission von Tanz die Toleranz ist Menschen mit Tanz über soziale, kulturelle und sprachliche Barrieren hinweg zu verbinden. Für die ESF+ Jahrestagung hat sich die Youth Dance Company des Programms tänzerisch mit der Frage beschäftigt, wer uns inspiriert oder wer ein Idol für uns sein kann, und inwiefern wir alle versuchen, gleich zu sein.
Nach der Kaffeepause ging es sogleich ins Konkrete. Erfolgreiche ESF+ Projekte sind das Herzstück jeder ESF+ Jahrestagung. Den Start machte heuer ein Video des AusbildungsFit Liezen. Das Angebot, welches auch österreichweit umgesetzt wird, hilft Jugendlichen dabei, den Einstieg ins Arbeitsleben zu finden. In dem Video, von den Jugendlichen in Liezen selbst produziert, sprechen die Teilnehmer:innen über ihre persönlichen Vorbilder; wie z.B. Familienmitglieder oder andere Jugendliche aus dem Projekt.
Einen Einblick in die Praxis gab auch „RE:EAGL“. Hinter dem mysteriösen Namen steckt ein ESF+ Projekt aus Kärnten, welches niederschwellige Beschäftigung im Bereich der Kreislaufwirtschaft anbietet. Auch hier waren die Personen aus dem Projekt eingeladen über ihre Vorbilder zu sprechen. Das Team rundum Projektleiter Sebastian Chum präsentierte ganz eindeutig, dass ganz besonders die Teilnehmenden selbst vorbildhafte Leistungen erzielen, um ihren Platz am Arbeitsmarkt zu erreichen.
Das gilt auch für die Frauen des dritten ESF+ Projekts, welches sich vorstellen durfte. „BBE Woman Empowerment“ hilft Müttern, die Bezieherinnen der Wiener Mindestsicherung sind. Hier erhalten sie Hilfe bei persönlichen Herausforderungen und ein buntes Programm an Workshops, Vorträgen und Aktivitäten und entwickeln Perspektiven für die spätere berufliche Zukunft. Klischee hin oder her Mütter sind Heldinnen; ganz besonders solche, die alleinerziehend sind und/oder mit schwierigen Lebenslagen kämpfen.
Komplementär zum ESF+ und im Rahmen der Kooperation gewährten auch Projektträger:innen von Erasmus+ in einem moderierten Gespräch Einblicke in ihre heldenhaften Momente. Gleich zu Beginn spricht Marie Simhandl, Schülerin im Gymnasium Groß Enzersdorf, wie sie als 15-Jährige ein Semester als Erasmus+ Schülerin in Frankreich verbracht hat. Ihre Erfahrung war nicht nur ein mutiger Schritt für sie persönlich, sondern auch Inspiration und Vorbild für ihre Schulkolleg:innen. Dem schließt sich Ingrid Schwarz, Lehrerin am BG Zehnergasse in Wiener Neustadt, an. Ihre Schülerinnen und Schüler und vor allem deren Neugier und Offenheit sind ein wesentlicher Ansporn für ihre tägliche Arbeit.
Eine Vorbildwirkung hat auch das Erasmus+ Kunstprojekt „Mellow Yellow“, in dem ein Mixed-abled Team – bestehend aus Tänzer/innen mit und ohne Behinderung – auftreten, um somit neue Erwartungshaltungen an Bewegung und den eigenen Körper zu wecken. Dominik Grünbühel und Elisabeth Löffler illustrierten die Arbeit anhand ihres pädagogischen und künstlerischen Engagements im Tanz an Schulen.
Peter Härtel von der Steirischen Volkswirtschaftlichen Gesellschaft in Graz schloss seinen Beitrag zur europäischen Bildungszusammenarbeit mit der Erkenntnis ab, dass die Ermöglichung europäischer Zusammenarbeit den klaren Nutzen hat, den Selbstwert und das Selbstverständnis zu stärken und somit das vereinte Europa zu festigen.
Und so schloss sich der Kreis zurück zu Europa und den Abschlussworten von Bibiana Klingseisen, Leiterin des ESF+ Verwaltungsbehörde. Sie bestätigte einmal mehr, dass die wertvolle Arbeit der europäischen Projekte und das außerordentliche Engagement alle zu Held:innen mache.
In Österreich zeichnet sich der ESF+ auch durch den wertvollen Austausch innerhalb seiner Community aus. Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, bedanke sich in diesem Sinne bei allen Teilnehmenden und lud zu weiterem Austausch und Netzwerken ein.
Das ganze Team des ESF+ freut sich über die gelungene Veranstaltung, die einmal mehr zeigte, dass der ESF+ einen Beitrag leisten kann allen Menschen bei uns in Österreich die Chance zu geben in sich die eigene Heldin und den eigenen Helden zu entdecken und ihre ganz individuellen Wege am Arbeitsmarkt zu gehen.